Jahresgabe

JOSEPHINE 1-3

Nicholas Grafia

Nicholas Grafia erzeugt szenisch-figurative Narrative: Malerei, Grafik und Performance bilden dabei Elemente, durch die er diskursive Settings entstehen lässt. Im Rückgriff auf überlieferte Bildlichkeiten sucht er nach einer Visualität, die von transtemporalen Entwicklungen spricht: von Gesellschaftssystemen, in denen wir leben, und solchen, denen wir entwachsen sind. Grafias Werke reflektieren so tradierte bis überholte Sichtweisen, die er – mit Blick auf einen bewussten Bruch mit Traditionen – interaktiv an produktive Grenzen bringt. Seine mitunter monsterhaft wirkenden Figuren und inszenierten Körper zwischen Fetisch, Tracht und Stigma berühren die Frage, was gesellschaftlich als Bedrohung wahrgenommen wird: Welche Handlungen, Gesten und Seinsformen lassen Menschen erschaudern und weshalb? In seinen Bildern und Performances vollzieht Grafia ein Abwägen von real Existierendem und Surrealem, thematisiert “rassische” und sexuelle Zuschreibungen und bringt subversive Grenzgänger*innen ins Gespräch, wobei seine Arbeiten immer wieder die (Auf-)Lösung von Opferrollen benennen. Seine Malereien für die Jahresgabe im Kunstverein sind aktuelle “Skripts” zu einer performativen Arbeit über Josephine Baker, die ihre avantgardistische Figur zwischen Danse sauvage, kolonialer Fantasie, queer-feministischer Identitätsbildung und Migration auf nahezu expressionistische Weise einkreisen. (Christina Irrgang)